Was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen
Mehrfachverwertung. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, sind freie Journalisten darauf angewiesen. So entstanden neben den Radiogeschichten auch Reportagen für Magazine und Zeitungen. Hier eine kleine Auswahl.

Leseprobe:
... Auf den Qualm kommt es an. Duftnote Fichte und Holunder. Bester norwegischer Räucherdampf, der Tränen in die Augen treibt, die Nase verstopft, das Hemd vermieft. Und den Fisch veredelt. Das Dorf knapp hinter Trondheim heißt Namsos, Namen ist der Name des dazugehörenden Flusses. Namsos ist schönstes Norwegen. Die Fischer sagen hier den Jägern gute Nacht - oder umgekehrt - und bringen vorher ihre Beute zu Akervik, der Räucherstube von Geir Pedersen. Alles wird hier eingedampft: Rotwildwurst (schmeckt lecker) und Rentierherz (schmeckt würzig), Elchfilet (schmeckt zart) und Biberfleisch (schmeckt traurig) ...

Leseprobe:
... Es waren Seelenverkäufer, die sie rüberbrachten. Nur weg, das Ziel vor Augen: Annað land, annað lif – neues Land, neues Leben. Drei Wochen auf See, immer Richtung Westen, und das gelobte Land war erreicht. Wie ihre Vorfahren, damals, vor tausend Jahren, als sie Norwegen verließen, Richtung Island. Echte Wikinger waren das. Aber die, die sich jetzt auf den noch längeren Weg über das große Wasser machten, die Johannsons und Egilsdóttirs, waren Isländer, und wie bei ihren Vorfahren steckten ihre Herzen voller Sehnsucht, sie lebten ihren Traum – das Ziel hieß Amerika. Es wurde zum Trauma eines ganzen Volkes: Zwischen 1870 und 1917 packten mehr als 16.000 Isländer ihr Bündel, fast jeder fünfte, meistens Männer im besten Alter. Island war ihnen zu karg, zu einsam, zu hart – sie hatten die Schnauze voll von dieser Insel. Der Opa von Cathy war einer von ihnen …

Leseprobe:
... Peacerich Hunderwater? Wayne kennt den Österreicher nicht: Who the hell is this? Peacerich who? Friedensreich - Schwarzenegger? Nein, Hundertwasser. Arnold ist der einzige Austria-Import, der sich bis in Waynes gottverlassene Wildnis durchgeschlagen hat. Freedom Cove hat Wayne seine einsame Bucht getauft, irgendwo in diesem Labyrinth aus Wasser und Inseln an der Westküste von Vancouver Island. Der Alt-68er ist Holzschnitzer, ein wahrer Kunstschaffender - eben ein Hundertwasser für Hinterwäldler. Was das "KunstHausWien" für den Österreicher Friedensreich, ist das "HausBootUrwald" für den Kanadier ...

Leseprobe:
... "Die Franzosen werden uns wohl nie verzeihen, dass wir diesen Landstrich mal besetzt hatten", sagt Mister Newbrook stolz. Das ist zwar schon gut 800 Jahre her, aber bleibt Realität, sagen viele Franzosen und feiern noch heute den Sieg über die Engländer bei Orléans im fünfzehnten Jahrhundert. Und so wird es auch in Zukunft zwischen Mister Newbrook und seinem Nachbarn, Monsieur Dupont, keine Verständigung geben können, auch weil es Mister Newbrook gar nicht in den Sinn kommt, Französisch zu lernen. Also wird er auch künftig mitten in Frankreich Englisch reden - und Monsieur Dupont feiert weiter seinen persönlichen Sieg über diese Leute von der Insel ...

Leseprobe:
... Das Taxi, das mich von Auklands Flughafen in die Stadt bringt, ist problembeladen. Ein Maori sitzt am Steuer. Jake, lange schwarze Haare, kantiges Gesicht, finsterer Blick, wohlgenährt. Ja klar, sie, die Maori, wären nun mal sozial benachteiligt und ganz unten. Ob er denn diese Steine in der Nähe von Taupo kenne, frage ich und zeige ihm einen Zeitungsartikel. "Yep", anwortet Jake im besten Kiwi-Neuseeländisch, und dann: "Nonsense, man! Vor uns war niemand hier." Stille. Würde ja auch einen Rattenschwanz an Problemen bedeuten, wenn bewiesen würde, dass hier schon lange vor den Maori Menschen lebten. Die Geschichte mit den Steinen sollte jedenfalls weitere Kreise ziehen, als ich gedacht hatte ...

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... Ich treffe dieses jugendliche Marokko in dem allahverlassenen Dorf Sidi M'Zal. Es heißt Fatima, ist jung, schwungvoll, offen. Und bereit, ihren Schleier zu lüften. Befreit vom alles verbergenden Stoff, fällt ihr pechschwarzes Haar auf die Schultern. Fatima strahlt. Wüsste ihr Vater, dass sie mit fremden Männern redet, verrät sie kokettierend, würde er ihr ein Riesentheater machen. Natürlich wird er es erfahren, bei den vielen Augenpaaren, die uns anstarren, und natürlich wird es ein islamisches Donnerwetter geben. Denkt sie schon an Heirat? Nein, nicht mit 20, später vielleicht. Und ihr künftiger Mann, darf er - wie es der Koran vorsieht - andere Frauen neben ihr haben? Nein, niemals, sie sei eifersüchtig. Damit fällt wieder ihr Schleier ...

Leseprobe:
... Schon in Oslo beginnt der Outdoor-Spaß. Kaum eine andere Stadt auf der Weltkugel schmückt sich mit so viel Wasser, Wald und Wiesen wie Norwegens Kapitale am Anfang des mehr als einhundert Kilometer langen Oslofjords. Ihr geografischer Mittelpunkt liegt nicht zwischen steinernen Häuserreihen, sondern irgendwo mitten im Grünen. So fängt die Natur quasi vor Jedermanns Haustür an. Was denn auch der Grund für das sogenannte Jedermannsrecht ist: Jene uralte, mündlich überlieferte Abmachung legt fest, dass sich in Norwegen jeder überall in der Natur frei bewegen darf. Ideale Voraussetzungen für viel fun unter freiem Himmel ...